Es existierte einst eine Zeit, in der Umsetzungen von bekannten Marken einen sehr zweifelhaften Ruf – das belegen wortschöpferische Meisterwerke wie »Lizenzverwurstung« oder »Lizenzgurke«. Besonders dann, wenn Superhelden versoftet wurden, kam in einem Großteil der Fälle nur Schrott dabei heraus. Heutzutage herrschen glücklicherweise bessere Zeiten, Titel wie Marvel’s Spider-Man beweisen, dass auch Lizenzumsetzungen qualitativ ganz oben mitspielen können. Diesen Wandel haben wir zu einem nicht unerheblichen Teil Batman: Arkham Asylum zu verdanken, denn das Action-Adventure setzte im Jahr 2009 die Messlatte für alle Superheldenspiele ein gutes Stück nach oben.
Ausbruch im Arkham Asylum
Am verregneten Himmel über Gotham City erstrahlt das Bat-Signal – da lässt der Auftritt des Dunklen Ritter höchstselbst natürlich nicht lange auf sich warten. Doch sein Einsatz ist im Prinzip schon vorüber; das Verbrechen wurde vereitelt und er macht sich in seinem Batmobil auf in Richtung Arkham Asylum, der Psychatrie von Gotham City. Der berüchtigte Joker sitzt gefesselt in Batmans Wagen und soll nun dort hinter Schloss und Riegel gebracht werden. Doch kaum in der Irrenanstalt angekommen, ereignet sich das, was jeder Fan schon meilenweit kommen gesehen hat: Der verrückte Clown bricht aus, befreit alle Superschurken und übernimmt mit seinen Schlägertrupps ganz Arkham Island. Glücklicherweise ist Batman immer noch zugegen und tut sein Bestes, um den Joker und die restlichen Bösewichte wieder hinter Schloss und Riegel zu bringen.

Zugegeben: Kreativitätspreise gewinnt diese Prämisse sicherlich nicht, aber was dem Spiel an Originalität fehlt, macht Arkham Asylum durch eine solide Umsetzung wieder wett. Die Geschichte unterhält uns etwa sechs bis sieben Stunden lang auf einem durchweg guten Niveau und kommt dabei fast komplett ohne nerviges Füllmaterial aus. Besonders angetan hat es mir hierbei die Schurken: Neben dem Superstar des Spiels, dem Joker, muss Batman noch unter anderem gegen den mysteriösen Scarecrow, den furchteinflößenden Killer Croc und Jokers Gehilfin Harley Quinn antreten. Commissioner James Gordon und Oracle stehen ihm dabei unterstützend zur Seite. Batman-Kenner vermissen hier zwar einige prominente Figuren wie den Pinguin, Two-Face oder Robin, aber auch ohne diese gehören die Charaktere zu den besten Seiten des Spiels.
Es gibt aber auch eine Aspekte, die ich an der Erzählung von Arkham Asylum für weniger gelungen halte. Beispielsweise finde ich die Abschnitte, in der wir gegen Scarecrow antreten, als störend. Nicht nur lenken sie mir zu sehr von der eigentlichen Story ab, auch die Idee, das Gameplay zu ändern, finde ich fragwürdig. Die Kämpfe gegen Scarecrow laufen nämlich weitestgehend als 2D-Jump-and-runs ab, was zwar erst einmal nett klingt, aber auch recht schnell repetitiv wird, zumal wir Scarecrow insgesamt dreimal gegenüberstehen. Außerdem finde ich, dass der Geschichte gegen Ende ein wenig die Puste ausgeht. Da hilft natürlich auch nicht, dass der finale Bosskampf extrem anspruchslos ist und ich nicht das Gefühl hatte, eine große Bedrohung abgewendet zu haben. Unterm Strich halte ich die Story aber nach wie vor für vollkommen solide.
Die frei-fließende Fledermaus
Das Aushängeschild von Arkham Asylum ist aber nicht unbedingt seine Geschichte, sondern vor allem sein ikonisches »Freeflow«-Kampfsystem. Wir steuern Batman aus der Third-Person-Perspektive und prügeln uns durch mal mehr, mal weniger große Gegnergruppen. Dabei reihen wir Angriffe aneinander, wodurch wir unsere Kombo erhöhen und damit Zugang zu neuen Attacken erhalten beziehungsweise allgemein mehr Schaden anrichten. Standardmäßig greifen wir mit der linken Maustaste an und kontern mit der rechten. Mit der Leertaste weichen wir seitwärts aus oder können über Gegner hinwegspringen. Das erzeugt in der Praxis tatsächlich einen spaßigen Spielfluss – sogar wortwörtlich. Batman gleitet quasi von Gegner zu Gegner, sobald er eine entsprechende hohe Kombo aufgebaut hat. Das ist zwar nicht realistisch, aber wir reden hier ja auch über Batman: einen Kerl, der Verbrecher in einem Fledermauskostüm bekämpft!

Das Kampfsystem ist nicht übermäßig komplex, aber schlicht und ergreifend extrem unterhaltsam. Allerdings läuft hier noch nicht alles so rund wie in den späteren Teilen. Ein Beispiel: Greift ein Gegner uns an, erscheint ein blaues Symbol über dessen Kopf, welches uns signalisiert, dass wir den Angriff nun kontern können. Oft reagierte Batman bei mir hier einfach überhaupt nicht und kassierte dementsprechend einen fiesen Schlag, obwohl ich zur richtigen Zeit die rechte Maustaste betätigt hatte.
Was die Gegnervielfalt angeht, ist Arkham Asylum grundsolide. Neben den normalen Schlägern, die nur in großen Massen eine Gefahr darstellen, existieren unter anderem auch noch mit Schockstöcken ausgerüstete Nahkämpfer oder Schützen mit Sturmgewehren. Der direkte Angriff ist hierbei nicht immer die klügste Vorgehensweise. Fernkämpfer sollten wir beispielsweise am besten schleichend von hinten ausschalten, denn deren Bleispritzen hauen Batman ziemlich schnell aus den Latschen. Wir können uns hierbei auch die Umgebung zunutze machen, beispielsweise klettern wir durch Lüftungsschächte oder schwingen von Wasserspeier zu Wasserspeier, um unsere Widersacher ungesehen auszuschalten. So fühlt man sich auch tatsächlich wie der Dunkle Ritter! Auf dem zweiten der drei Schwierigkeitsgrade empfand ich Arkham Asylum als angemessen herausfordernd, auch wenn es einige wenige Stellen gibt, an denen das Spiel ohne klar ersichtlichen Grund auf einmal erheblich schwieriger wird.
Der Techno-Batman
Batman verlässt sich natürlich nicht nur auf seine Kampfkünste, sondern führt auch ein respektables Arsenal an Ausrüstung mit sich. Mit seinem Baterang betäubt er Gegner im Kampf, mit seinem kryptographischen Sequenzer hackt er Terminals und mit seiner Batclaw kann er sich schnell auf erhöhte Positionen begeben. Mein Favorit ist allerdings das Explosivgel, mit dem man gezielt bestimmte Strukturen in die Luft jagen kann. Denn die Welt ist stellenweise interaktiv, so treffen wir mit schöner Regelmäßigkeit auf strukturell schwache Wände, die Batman durchbrechen kann. Es macht wirklich Spaß, Gegner mit Batmans Gadgets auszutricksen und die Welt nach und nach zu erkunden. Allerdings muss ich auch anmerken, dass Batmans Ausrüstungs-Arsenal in Arkham Asylum noch nicht so umfangreich ist wie in den späteren Teilen und auch noch nicht so gut funktioniert. Sich mit dem Greifhaken an Gebäuden hochzuziehen, klappt beispielsweise nur so mittel.

Weiterhin existiert noch ein Upgrade-System, durch das wir unsere Gesundheit erhöhen, neue Schlagkombinationen freischalten und unsere Ausrüstung verbessern können. Die dafür benötigten Erfahrungspunkte erhalten wir aus den Kämpfen. Natürlich ist dieses System lange nicht so umfangreich, wie man es bei einem vollwertigen Rollenspiel erwarten würde, aber es funktioniert und kann motivieren – mehr will ich von einem Action-Adventure auch gar nicht verlangen. Ansonsten ist vor allem Batmans Detektivsicht ein wichtiges Gameplay-Element. In diesem Modus nehmen wir Umwelteindrücke wie Fingerabdrücke oder Düfte verstärkt wahr und können somit seiner Arbeit besser nachgehen. Auch im Kampf ist die Detektivsicht enorm hilfreich, da sie Gegner selbst durch Wände anzeigt und die besonders gefährlich Fernkämpfer sogar rot markiert.
Das Spiel der Kompromisse
Wie bereits erwähnt, spielt Arkham Asylum auf der Insel Arkham Island. Wer hier eine riesige Open World erwartet, wie man sie aus Arkham City, Origins oder Knight erwartet, der wird jedoch enttäuscht: Zwar ist die Oberfläche der Insel prinzipiell frei begehbar, allerdings ist sie flächenmäßig doch arg überschaubar. Die meiste Zeit verbringen wir in den Gebäuden und Tunneln des Asylums. Die Level gehen meiner Meinung nach den goldenen Mittelweg zwischen Offenheit und Linearität. Der Entdeckerdrang wird gefördert, allerdings wird der Erzählung auch nicht der Wind aus den Segeln genommen.

Apropos Entdeckerdrang: Der Riddler hat in der Welt diverse Herausforderungen verteilt. Wer also gerne rätselt, kann Dutzende Riddler-Trophäen finden und dabei den herrlich sarkastischen Kommentaren des Schurken mit den Überlegenheitskomplexen lauschen. Ich selbst habe meistens nur die Riddlertrophäen mitgenommen, die ohne größeren Aufwand zu erreichen waren, aber ich finde es dennoch gut, dass es diese optionalen Herausforderungen gibt. Ebenso lassen sich Tonbandaufnahmen finden, die die Hintergründe der Einrichtung und ihrer Insassen erläutern, was ich für ein nettes atmosphärisches Detail halte.
Präsentation und Bugs
Optisch setzt das Spiel auf eine Mischung aus den Live-Action-Filmen auf der einen und den Comics beziehungsweise Animationsserien auf der anderen Seite. Ich bin zwar eigentlich eher ein Fan von möglichst realistisch anmutenden Spielen, aber auch hier gehen die Entwickler einen für mich annehmbaren Mittelweg. Grafisch ist das Spiel durchaus solide gealtert, hier sind mir vor allem die etwas steifen Schnitte und Kameraeinstellungen in den Dialogen negativ aufgefallen, die doch sehr betagt wirken. Die Sprecher sind überzeugend, leider ist Lippensynchronität aber ein Problem des Spiels. Vom Soundtrack ist mir hingegen quasi nichts in Erinnerung geblieben, was ich schade finde, weil viele andere Batman-Produktionen mit sehr markanten Musikstücken glänzen können.

Ich bin während meines letzten Spieldurchlaufs nur einem einzigen Bug über den Weg gelaufen, aber um diesen zu erklären, muss ich die letzten paar Spielminuten besprechen. Eine genauere Beschreibung findet ihr in diesem Spoilerkasten:
Fazit
Das Kampfsystem funktioniert in den späteren Serienteilen besser und die Inszenierung ist ein wenig in die Jahre gekommen. Die Riege an Superschurken kann überzeugen, die semi-offene Spielwelt ist eine clevere Wahl und auch die Freeflow-Kloppereien sind immer noch ein klarer Pluspunkt. Arkham Asylum ist ein fast zeitloser Action-Adventure-Klassiker.

Gespielte Version: Game of the Year Edition V 1.1 – Plattform: Steam – Spielzeit: 20 Stunden