PlanetSide 2 – Faszinierender MMO-Shooter | Kritik

Gewaltige Schlachten mit hunderten von Spielern, strategisches Vorgehen auf riesigen Karten, eine persistente Welt, die mit Fahr- und Flugzeugen durchquert werden kann – das alles verspricht der Free2Play-Shooter PlanetSide 2. Dieses eigentlich tolle Konzept kann aufgrund von vermeidbaren Fehlern allerdings nicht sein volles Potenzial entfalten.

TR, VS, NK – WTF?

Der Planet Auraxis ist Schauplatz eines ewig andauernden Krieges zwischen drei Imperien: der Terranischen Republik (TR), der Vanu-Souveränität (VS) und dem Neuen Konglomerat (NK). Warum die sich auf den Tod nicht ausstehen können? Das müsst ihr euch entweder selbst zusammenreimen oder online nachlesen. PlanetSide 2 geht mit Hintergrundinformationen selbst für ein reines Multiplayer-Spiel nur sehr, sehr sparsam um. Wir kennen allerdings die politischen Philosophien der jeweiligen Konfliktparteien. Bei der TR handelt es sich um eine autoritär-militaristische Regierung, während das NK aus Freiheitskämpfern besteht. Die VS betet Alien-Technologie geradezu religiös an. Letztlich wird man sich aber eher aufgrund der Optik für ein Imperium entscheiden. Mir hat beispielsweise das blau-gelbe Farbschema des Neuen Konglomerats am meisten zugesagt. Es gibt aber auch minimale spielerische Unterschiede: TR-Waffen feuern sehr schnell, NK-Bleispitzen richten viel Schaden an, Vanu-Gewehre sind äußert präzise. Das teilt uns das Spiel bei der Charaktererschaffung allerdings nicht mit.


Das Neue Konglomerat setzt auf klobige Rüstungen und einen schmissigen Rock-Soundtrack. Hier eine MAX-Einheit.

Die Fraktionen ringen um insgesamt fünf Kontinente, die sich optisch und teilweise auch spielerisch stark unterscheiden. Jede der drei Fraktionen besitzt ein Warptor, das als Ausgangspunkt für die Eroberung des Kontinents dient. Zwischen den Warptoren befinden sich mehrere Dutzend Einrichtungen, die von den Imperien eingenommen werden können. Zu beachten ist, dass die Basen einen Anschluss an das eigene Territorium haben müssen. Man kann also nicht einfach ein Gebiet mitten im Feindesland einnehmen. In jeder Basis befinden sich ein oder mehrere Kontrollpunkte. Hält man diesen (oder die Mehrzahl der Kontrollpunkte) für eine bestimmte Zeit, geht die Basis in den eigenen Besitz über.

Wenn sich zwei streiten, freut sich der dritte

Das Ganze geht so lange hin und her, bis eine sogenannte »Operation« startet. Dann beginnt ein Timer damit herunterzulaufen. Jedes Imperium möchte nun die Mehrzahl der Einrichtungen erobern, um am Ende des Timers den Kontinent für sich zu beanspruchen. Als Belohnung winkt viel Ingame-Währung. Durch die schiere Größe der Karte finden viele Scharmützel an unterschiedlichen Orten statt. Wenn euch ein bestimmter Kampf nicht zusagt, könnt ihr euch innerhalb von wenigen Sekunden zu einer anderen Basis verlegen lassen, da es in jeder freundlichen Einrichtung einen Spawnraum gibt. Insgesamt sind die strategischen Möglichkeiten dieses Systems fantastisch. Wenn sich beispielsweise zwei Imperien gegenseitig beschäftigen, kann die dritte Fraktion diese Zeit nutzen, um ohne großen Widerstand ihr Territorium auszuweiten. Oder noch besser: Die drei Fraktionen treffen aufeinander, denn dann fängt das wirkliche Spektakel erst an.


Auf dem Dschungelkontinent Hossin besitzen gerade alle Fraktionen ähnlich große Gebiete. Man beachte, wie die einzelnen Einrichtungen miteinander verbunden sind.

Wenn ein Kontinent erobert wurde, wird dafür ein anderer freigeschaltet. In der Regel sind nur ein bis zwei Kontinente gleichzeitig aktiv. Vermutlich will man damit dafür sorgen, dass auf den aktiven Kontinenten eine hohe Spielerdichte herrscht. Mit der Spielerdichte lässt sich wohl auch erklären, warum manchmal bestimmte Basen ausgegraut sind, also nicht erobert werden können. Man wird in diesem Fall also in eine bestimmte Richtung gelenkt. Die Konsequenz: Es entbrennen meistens Kämpfe an ein, vielleicht zwei Stellen. Wenn die einem nicht zusagen, hat man Pech, denn wer auf einen anderen Kontinent wechseln will, wird oft in minutenlange Warteschlangen geschickt. Das ist einer der Punkte, wo man den Eindruck bekommt, dass sich das Spiel selbst untergräbt.

Der PlanetSide-Reiseführer

Die bereits angesprochenen Unterschiede bei den Kontinenten wirken sich auch auf den Spielspaß aus, der je nach Landschaft stark schwankt:

  • Indar ist eine Wüstenlandschaft mit riesigen Schluchten, auf der klare Sichtverhältnisse herrschen und die ohne irgendwelchen Schnickschnack auskommt. Mein persönlicher Favorit.
  • Amerish besticht durch Wiesen und hohe Berge. Dieser Kontinent hat die selben Stärken wie Indar in dem Sinne, dass er sehr gut lesbar ist.
  • Bei Hossin handelt es sich um einen Sumpf, den man sich wie Dagobah aus Star Wars vorstellen kann. Nicht nur sieht dieser Kontinent optisch sehr hässlich aus, riesige Bäume versperren auch noch die Sicht.

Oshur ist der neueste der fünf Kontinente. Hier sehen wir das Archipel bei Sonnenuntergang.
  • Esamir ist von Eis überzeugen, was mir optisch auch wirklich gut gefällt. Leider sind auf diesem Kontinent mehrere Basen verstreut, die als »Eindämmungsanlagen« bekannt sind. Diese gewähren jeweils Zugang zu einem riesigen unterirdischen Komplex, in dem sich dann die Kontrollpunkte befinden. Das klingt erst einmal cool, allerdings ist es enorm schwer, sich in den Eindämmungsanlagen zurechtzufinden, geschweige denn auf Gegner zu stoßen.
  • Der fünfte Kontinent, Oshur, fand erst Anfang 2022 seinen Weg ins Spiel. Der Inselkontinent sieht fantastisch aus – zumindest so sehr, wie es für ein Spiel möglich ist, das ursprünglich 2012 veröffentlicht wurde. Leider ist er extrem auf Fahrzeug-Gameplay ausgelegt, was mir als Infanterie-Liebhaber überhaupt nicht zusagt.

Ich mag von den fünf Kontinenten also nur Indar und Amerish wirklich. Wenn ich sehe, dass die anderen drei Kontinente gespielt werden, logge ich mich meistens schnell wieder aus.

Stramme MAX

Nun wollen wir uns den Spielsystemen von PlanetSide 2 jedoch im Detail widmen. Es gibt fünf reguläre Klassen: Der »Spion« ist mit einem Scharfschützengewehr ausgerüstet und kann sich kurzzeitig annähernd unsichtbar machen. Damit ist er perfekt für Infiltrationen geeignet und um Gegner auf große Distanz auszuschalten. Die »Leichte Angriffseinheit« kann mit ihrem Jetpack selbst das schwierigste Terrain passieren und ermöglicht fiese Flankenangriffe. Der »Sanitäter« kann verbündete Soldaten wiederbeleben und heilen, was ihm somit die wichtigste Rolle im Spiel einbringt. Der »Ingenieur« wiederum repariert Fahrzeuge und kann die Munitionsreserven anderer Spieler wieder auffüllen. Die letzte reguläre Klasse, die »Schwere Angriffseinheit«, kann mit ihrem Raketenwerfer nicht nur Fahrzeugen gefährlich werden, sondern dank ihres zusätzlichen Schutzschilds auch noch richtig viel einstecken.


Sanitäter sind durch ihre Fähigkeit zum Wiederbeleben gefallener Soldaten unerlässlich für jede Armee. Der Getötete kann die Wiederbelebung allerdings auch ablehnen, wenn er lieber an einem anderen Spawnpunkt einsteigen möchte.

Als Sonderklasse gibt es noch die sogenannte »MAX-Einheit«. Dabei handelt es sich um einen Anzug, der extrem viel aushält und ganze Gegnerhorden niedermähen kann. Die MAX-Einheit wird wie Fahrzeuge mit der Währung »Naniten« gekauft. Diese erhaltet ihr in regelmäßigen Intervallen automatisch und dient dazu, Einheitenspam zu vermeiden. Apropos: Es gibt insgesamt fünf Bodenfahrzeuge und vier Flugzeuge, welche man nur an bestimmten Terminals spawnen kann. Die fahrbaren und flugfähigen Untersätze sind in den Händen eines erfahrenen Spielers ausgesprochen mächtig, Neueinsteiger werden vor allem bei den Fliegern mit einer steilen Lernkurve konfrontiert.

Wie steht es mit der Langzeitmotivation?

Generell werdet ihr als unerfahrene Spieler anfangs nur wenig Land sehen. Das reine Shootergameplay unterscheidet sich im Kern zwar nicht allzu sehr von anderen Genrevertretern. Wir besitzen eine Primär- und eine Sekunderwäffe, können Granaten werfen, uns ducken, sprinten etc., aber schon bei der Gesundheitsanzeige kommen leichte Unterschiede auf. Wir verfügen nämlich neben unserem normalen Gesundheitspool, der sich nicht automatisch regeneriert, noch über einen Körperschild, der sich von selbst wieder aufbaut.

Folglich halten wir erheblich mehr aus als in herkömmlichen Shootern, die time to kill ist sehr lang. Daher ist es von großer Wichtigkeit, auf die Köpfe der Feinde zu zielen, immerhin gibt es bei headshots starke Schadensmultiplikatoren. Diese Präzision hat man als neuer Spieler aber einfach noch nicht. Veteranen freuen sich aus diesem Grund auch immer über Neulinge, da sie ein gefundenes Fressen darstellen. Um die bereits angesprochene Lernkurve zu bewältigen, müsst ihr viel Geduld mitbringen, werdet dafür aber auch mit einem sehr befriedigenden Fortschrittsgefühl belohnt.


Mit Zertifizierungspunkten schalten wir neue Waffen frei. Alternativ können wir sie uns auch mit Echtgeld erkaufen. Ob in diesem Spiel Pay2Win vorliegt, ist definitionsabhängig. So kann man Booster kaufen, die zahlenden Spielern mehr Erfahrungspunkte einbringen, man kann aber alle prinzipiell alle relevanten Inhalte ohne Echtgeldeinsatz freischalten.

Ich habe seit Veröffentlichung des Spiels viele, viele Stunden in PlanetSide 2 versenkt, allein 2021 waren es über 100. Nun bin ich allerdings an dem Punkt, wo mir die Motivation ausgegangen ist. Dazu müsst ihr wissen, dass der Fortschritt in PlanetSide hauptsächlich über Zertifizierungspunkte abläuft, die wir durch das Sammeln von Erfahrungspunkten anhäufen. Zertifizierungspunkte können wir dann in neue Waffen, Aufsätze oder Upgrades investieren. Am Anfang macht es richtig viel Spaß, die Zert-Punkte zu ergattern, denn wir haben klare Ziele vor der Nase. Ich wollte am Anfang unbedingt das Heilgerät des Sanitäters auf die Maximalstufe bringen und mir ein paar neue Bleispritzen zulegen. Nachdem dies erledigt war, kamen mir die restlichen Upgrades und Neuanschaffungen jedoch eher zweitrangig vor. Warum sollte ich mir noch eine neue Waffe kaufen, wenn die auch nicht besser ist als meine aktuelle?

So geht Teamplay!

PlanetSide 2 hat ein Problem mit seiner Spielerbindung. Nach jedem großen Update kommen zwar viele Spieler zurück auf die Server, jedoch immer nur für kurze Zeit. Man hat einfach zu schnell alles gesehen. Die anfängliche Euphorie flaut ab, stattdessen bemerkt man mit zunehmender Erfahrung den oft auftretenden Leerlauf des Spiels. Etwa wenn man eine Basis annimmt und partout kein Gegner auftauchen will. Dann wartet man eben minutenlang am Kontrollpunkt, bis die Einrichtung in den eigenen Besitz übergeht. PlanetSide stellt sich auch oft bei einfachen Dingen selbst ein Bein, nehmen wir einmal den Aufbau der Basen. Stellenweise ist der Spawnpunkt so angeordnet, dass ihn das feindliche Team mit Panzern, Flugzeugen und Infanterie gleichzeitig unter Beschuss nehmen kann. Die Verteidiger hocken dann zwar einigermaßen sicher im Spawnhaus, kommen dort aber nicht mehr heraus, weil sie sofort pulverisiert werden, sobald sie einen Schritt vor die Tür machen.


Mit vereinten Kräften hat unser Team einen feindlichen Sunderer gesprengt.

Ich möchte jedoch auf einer positiven Note enden und einen der besten Aspekte von PlanetSide 2 ansprechen: sein Teamspiel. Damit es nicht in einem kompletten Chaos endet, wenn hunderte Spieler aufeinander treffen, gibt es die Möglichkeit, Trupps und übergeordnete Platoons zu formen. Die Anführer können dann den Truppmitgliedern per Markierungen auf der Minimap und Rauchgranaten Anweisungen erteilen. Doch auch im kleineren Maßstab wird das Zusammenspielen belohnt. Der Sanitäter ist beispielweise die beste Klasse, um Zertifizierungspunkte zu sammeln. Er kann sich nämlich aus den eigentlichen Kämpfen heraushalten und einfach nur die Verbündeten wiederleben kann. Das bringt uns fast so viele Erfahrungspunkte ein wie das Töten eines Gegners.

Ein weiterer integraler Bestandteil des Spiels ist das Fahrzeug namens »Sunderer«, welches als mobiler Spawnpunkt für freundliche Spieler dient. Für jeden Spawn bekommt der Fahrzeugführer XP. Generell handelt es sich bei den Fahrzeuge geradezu um die Manifestation des Zusammenspielens. Wenn man einmal das Glück hat, in einem Flugzeug mit fähigen Piloten und Kanonieren zu sitzen, weiß, wie wichtig und spaßig Teamplay sein kann.

Fazit

Was PlanetSide 2 an optischem und spielerischem Spektakel bietet, ist unter Online-Shootern quasi einzigartig: Effektgewaltige Massenschlachten mit hunderten Teilnehmern, motivierendes Teamspiel und eine interessante strategische Komponente – das Grundkonzept ist klasse. Ihr müsst euch jedoch auf viel Leerlauf und Kontinente von schwankender Qualität einstellen.

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